Bachelorthesis - Naturtheater
Prof. Antje Krauter
Prof. Wolf Gutjahr
Sommersemester 2021
Naturtheater
Die Landschaft, die das antike Dionysos Theater in Athen umgab, war keine Kulisse, sondern bildete den inhaltlichen Kontext der szenografischen Inszenierung. Dies gilt für alle Theater dieser Epoche. Seit der Wiedererfindung des Theaters in der Renaissance gibt es zahlreiche Beispiele für eine sehr bewusste und absichtsvolle Entscheidung für einen Theaterort im Freien aufgrund der umgebenden Landschaft und der dadurch transportierten Botschaft. Vom Gartentheater bis zur Seebühne wird Welt, die diese Theaterorte umgibt, zum szenografisch inszenierten Raum eines Naturtheaters. Die Moderne hat sehr wenig zu der Entwicklung eines zeitgenössischen Naturtheaters beigetragenDer Typus eines Theaters im Außenraum blieb seltsam konservativ verhaftet. Besonders im Nationalsozialismus hatten Freilichtbühnen an ideologisch instrumentalisierbaren Orten Hochkonjunktur. Heute werden im Sommer zumeist aus touristischen Gründen und in der Regel ohne tiefergehende inhaltliche Bezugnahme zahllose Orte, von der Industriebrache bis zu den Pyramiden von Gizeh als Freilichttheater genutzt. Im SoSe 2021 entstanden 28 Arbeiten, die nach neuen, experimentellen Ansätzen für Natur-Theater-Aufführungen suchten.

Tunnelblicke
Das Theater im Schiffstunnel Weilburg macht aus dem historischen Ort, der bisweilen nur eine pragmatische Transportmöglichkeit darstellt, ein szenografisches Erlebnis in 5 Akten. Die Organisation orientiert sich an der Dramaturgie eines klassischen Dramas. Beginnend mit einer Schiffsreise über die Lahn nähert man sich schrittweise über die spektakulären Schleusenkammern dem eigentlichen Theaterort. Die Schleusen öffnen, das Spiel beginnt.

Das Licht am Ende des Tunnels stellt den einzigen Bezugspunkt dar. Durch meine architektonischen Eingriffe entstehen nun immer wieder neue Bezüge. Die Architektur leitet die Besucher:innen durch das Theaterstück und macht den Spannungsbogen des Ortes erfahrbar. Besucher:innen und Akteur:innen bleiben in Bewegung, somit folgt das Schauspiel dem natürlichen Fluss des Wassers im Tunnel.


Sina Hartmann

OMNI
Das Theater für alle, an dem Ort wo alle zusammenkommen.
Im Entwurf ist das zentrale Thema Naturtheater neu definiert. Die Welt von heute ist vom Menschen geformt und angepasst. Überall ist der Einfluss des Menschen spürbar, somit betrachten wir die vom Menschen geformte Natur, den Großstadtdschungel. Die Hauptwache in Frankfurt bildet den zentralen Platz in der Innenstadt und ist einer der wichtigsten Verkehrsknotenpunkte. Dieser wird durch eine sich über dem Platz befindenden Konstruktion in seiner Funktion erhalten. Eine Besonderheit stellt außerdem die vorhandene B- Ebene dar, welche die Konstruktion erdet und in der Stadt verankert.


Das Konstrukt bietet die Möglichkeit auf dem Platz Atmosphäre zu schaffen. Ein Interessantes Licht- und Schattenspiel, sowie die spiegelnde Unterseite verknüpft den Platz auch optisch mit dem Theater. Es wird zum Spiegel der Gesellschaft, indem die Menschen sich selbst und das Geschehen des Platzes in der Unterseite sehen können. Nachts gibt es eine unterseitige Beleuchtung, die auch bei dieser Tageszeit eine Aufenthaltsqualität schafft.













Annabell Aichele

Hinterhof Theater
Dieses urbane Projekt wurde aus dem Bedürfnis heraus gegründet, das Bewusstsein für öffentlichen Raum und Stadterfahrung zu schärfen und ein digitalanaloges Netzwerk für das gemeinsame Entwickeln einer lebenswerten Stadt zu fördern. Es ist der Versuch Lücken im Stadtsystem zu finden, sichtbar zu machen, den unbeachteten Raum zu öffnen und diesen für Menschen sowie deren Bedürfnisse zugänglich und gemeinsam nutzbar zu machen. Unter der Aufgabenstellung Naturtheater wurde so ein urbanes Projekt entwickelt, welches sich der bestehenden Blockrandbebauung der Mainzer Neustadt annimmt. Spezifisch die oftmals als Unorte verkannten Hinterhöfe, werden zum Begegnungsort transformiert.





Durch Einfügen einer Gitterstruktur, bestehend aus Bühnen und einem Netzwerk aus Wegen, wird so eine Plattform für die moderne Form des Theaters geboten. Das 360° Ensemble bietet die Möglichkeit des Wandertheaters welches in direkter Nähe mitverfolgt oder aber über Logenplätze aus dem eigenen Wohnzimmer mitverfolgt werden kann. Das modulare Baugerüst bietet die Möglichkeit, sich flexibel an alle Baulücken anzupassen und so immer wieder neue Gestalten annehmen zu können. Die prägnante Farbauswahl bildet einen klaren Kontrast, zur bestehenden und oft undefinierten Bebauung der Hinterhöfe.




Daniela Zang

Flo'ss Theater
Im Flo‘ss Theater werden keine Rohstoffe mehr transportiert, sondern Menschen, die sich ein Schauspiel anschauen wollen und Menschen, die ein solches darbieten wollen.
Bereits auf dem Weg zum Theater erfährt der Zuschauer häufige Perspektivwechsel durch die wellenförmige Lamellenfassade. Die Architektur öffnet sich und rahmt den spektakulären Blick über den endlos scheinenden Floßhafen. Nachdem Akteure und Zuschauer gemeinsam die Flöße betreten haben, beginnt die Floßreise zum ersten Akt.

Das freie Treiben der einzelnen Flöße endet am ersten Ankerpunkt, an dem sich alle Flöße zu einer gemeinschaftlichen Bühnenformation verbinden. Nach dem ersten Akt kehren die Schauspieler zu einem der Flöße zurück, die Seile und die Spannung lösen sich. Es werden nacheinander weitere Andockstellen angefahren - in immer unterschiedlicher Anordnung und Ausrichtung. Dem Zuschauer wird somit die Möglichkeit gegeben, den Ort und das Schauspiel aktiv in all seinen Facetten wahrzunehmen und zu genießen. Alles ist im Fluss. Der Weg zurück zum Heimathafen führt an allen Spielstätten vorbei und gibt genügend Zeit zur Reflexion.








Florian Nass

Ars Andante
Im Entwurf „Ars Andante“ wird eine verlassene marode Aussichtsplattform durch ein Naturtheater ersetzt. Das frühere Ausflugsziel bot den Besuchern eine Plattform, um die Weite der Natur zu genießen. „Ars Andante“ soll diese Blickbeziehung nun umkehren. Vorher kamen die Besucher zur Plattform, um die Aussicht zu genießen, jetzt durchqueren sie die Natur um anschließend ihre Aufmerksamkeit auf das Geschehen im Theater zu richten. In diesem Theater entscheidet jeder Zuschauer individuell, ob er das Stück aus einer festen Position oder aus mehreren Blickwinkeln erleben möchte. Dem Besucher ist es jederzeit möglich, während der Aufführungen seinen Standort zu wechseln.

Das klassische Blickverhältnis einer Guckkastenbühne wird in diesem Entwurf aufgebrochen. Durch die Zusammenführung der Bühne, der Zuschauerränge und der Wege wird für den Besucher ein ganz neues Erlebnis geschaffen. Im Zuge des Durchbrechens alter Raumverhältnisse wird der zumeist passive Zuschauer hier zum Akteur des Gesamtgeschehens.







Lukas Frank

Theater im Bubendey
Das Bubendey-Ufer, ein Ort der Idylle inmitten des Hamburger Industriehafens. Über die letzten Jahrzehnte, nach der Stilllegung der Erdölanlage, hat sich die Natur das Fleckchen Erde nach und nach zurückerobert. Das Theater am Bubendey greift die Formensprache der Raffinerie auf und übersetzt diese dabei in eine neue Architektur. Dem Verortungsprinzip liegt hier die Strukturierung der Raffinerie zugrunde. Aufgrund dessen erinnert die Wegeführung des Geländes an die Pipelines einer Erdölanlage. Ein zentrales Merkmal ist dabei der 360 Grad Blick des Geländes, welcher auch in der Architektur weiterhin Bestand hat. Die zwei Theaterabschnitte gehen bewusst auf die Gegensätze des Ortes ein.

Die Architektur funktioniert wie eine Grünoase, aus der sich jedoch die Industrie mit der Zeit ihren Weg bahnt. Es entsteht ein Machtspiel zwischen Natur und Maschine. Die Tiefenwirkungen des Ortes werden hierbei auf natürliche Weise von der umgebenden Landschaft verstärkt und durch das Spiel mit der Vertikalen für den Besucher auf eine neue Dimension gehoben.




Farina Heller